Am heutigen Freitag, dem 28.04.17, debattiert der Bundestag über zwei bedeutsame Gesetzentwürfe, welche die Rentenversicherung betreffen. Die Bundesregierung will die Zurechnungszeit ausweiten und dürfte damit die Höhe fast aller Erwerbsminderungsrenten verbessern. Darüber hinaus berät das Parlament erstmalig den Gesetzentwurf zum Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz.
Ein dritter Tagesordnungspunkt betrifft den Antrag der Linken-Fraktion, den Zugang zur Erwerbsminderungsrente zu erleichtern. Mit abschließenden Entscheidungen ist heute nicht zu rechnen, die Vorlagen dürften nach der Debatte zu den Fachausschüssen überwiesen werden. Der Sozialverband VdK hat sich schon vorab positioniert, er fordert ein sofortiges Rentenplus in einem Schritt.
Geplante Verlängerung der Zurechnungszeit
Das geplante Erwerbsminderungs-Leistungsverbesserungsgesetz soll die Zurechnungszeit erst ab 2019 schrittweise verlängern. Bis zum Jahr 2024 sollen in mehreren Schritten drei Jahre Verlängerung erreicht worden sein. Das stößt auf die Kritik des VdK, dem der Prozess zu lange dauert. Die Verbesserungen werden die Rentenansprüche in Zukunft bis zur rechnerischen Altersgrenze “65 Jahre” erweitern.
Erwerbsminderungsrenten werden damit künftig höher ausfallen, denn bislang wird die EM-Rente so berechnet, als hätten Betroffene bis zu ihrem 62. Lebensjahr gearbeitet. Die geplante schrittweise Verlängerung wird auch die Alterssicherung der Landwirte betreffen. Im ersten Schritt wird es aber nur eine Mini-Anhebung geben.
Details des Gesetzentwurfes
Der Gesetzentwurf für das Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz enthält eine geplante Anhebung des aktuellen Rentenwertes Ost ab 2019 an das Westniveau, aber in sieben Schritten. Eine Mini-Anhebung um nur 0,1 % ist ab dem 01.07.2019 vorgesehen, die Ost-Renten würden dann von jetzt 95,7 auf 95,8 % des Westwerts steigen. Im Gegenzug wird die höhere Bewertung der Ost-Löhne für die Rentenberechnung in sieben Schritten gesenkt.
Die Höherwertung gleicht die niedrigeren Ostlöhne aus, die zu niedrigeren Renten führen. Die Kosten von voraussichtlich 3,9 Milliarden Euro bis 2025 kommen aus Steuer- und Beitragsmitteln gleichermaßen. Auf diesen Kompromiss haben sich Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verständigt. Auch der Bundeszuschuss für die Rentenkasse muss bis 2025 um zwei Milliarden Euro erhöht werden.
Position des Sozialverbandes VdK
Krankheit droht für immer mehr Betroffene zur Armutsfalle zu werden. Der Sozialverband VdK fordert daher anlässlich der heutigen Debatte eine weitere Verbesserung bei den Erwerbsminderungsrenten deutlich über die bisherige Planung hinaus. VdK-Präsidentin Ulrike Mascher kritisierte vorab in einem Interview mit der Osnabrücker Zeitung scharf die unzureichenden Pläne der Bundesregierung. Es geht jährlich immerhin um rund 170.000 Arbeitnehmerinnen, welche die Erwerbsminderungsrente in Anspruch nehmen müssen. Diesen gehe es schlecht, so VdK-Präsidentin Mascher.
Oftmals haben die EM-Rentner einen langen Leidensweg hinter sich und mussten eine Behörden- und Ärzte-Odyssee absolvieren, bevor sie überhaupt den Status der Erwerbsminderung erlangten. Beim Erstbezug sind sie im Durchschnitt 51 Jahre jung, sie würden also viel lieber arbeiten. Doch sie sind krank und werden zusätzlich mit einer Rente unterhalb der Armutsgrenze bestraft.
Krankheit sei unzweifelhaft eine Armutsfalle, so Mascher.
Das belegen nackte Zahlen und Fakten. Etwa 15 Prozent der EM-Rentner sind aktuell auf aufstockende Leistungen durch die Grundsicherung angewiesen. Die jetzigen Erwerbsminderungsrentner sind extrem von Armut bedroht. Verbesserungen durch die Politik müssen daher für alle Betroffenen gelten, für die Neu- und die Bestandsrentner gleichermaßen.
Welche Verbesserungen sind überhaupt durch die Gesetzesänderungen zu erwarten?
Die oben präsentierten Zahlen zeigen das globale Bild, doch was bedeutet das für den einzelnen EM-Rentner? Die VdK-Präsidentin verwies im Interview darauf, dass beim gegenwärtigen Stand der Planungen ein Neurentner erst 2024 rund 50 Euro monatlich mehr in der Tasche hätte. Doch das Rentenplus solle jetzt und zudem in einem Schritt kommen.
Ein zweiter Kritikpunkt des VdK betrifft die generelle Höhe der EM-Rente: Sie liegt durchschnittlich immer noch deutlich unter der Grundsicherungsschwelle. Die Abschläge für EM-Renten kritisierte Ulrike Mascher als “systemwidrig”. Sie werden bislang durch die Regierung und die Rentenkassen mit einer “Gleichbehandlung” von Erwerbsminderungs- und Altersrentnern begründet, doch das Argument greife nicht.
Erwerbsminderungsrentner hätten keine Wahl, sie könnten einfach nicht mehr arbeiten. Der VdK fordert auch in diesem Punkt entscheidende Nachbesserungen. Er stellt daher die eindeutige Forderung nach einer Stabilisierung des Rentenniveaus auf.